Wolfgang Wöhrmann Facility-Management
Flächen-Management

Wolfgang Wöhrmann - Flächenmanagement - Einführung

Der Facility- bzw. Objekt- oder wie auch immer titulierte Manager größerer Organisationen, der für die Bereitstellung und Bewirtschaftung der Flächen der Verwaltungsgebäude dieser Organisationen zuständig ist, steht vor einer zunehmend komplexen Aufgabe, muss er doch versuchen, die zum Teil konträren Ziele des Flächenmanagements unter einer Hut zu bringen. Das Gebot der Wirtschaftlichkeit impliziert geringe Flächenverbräuche und eher starre Organisationseinheiten, Umzugsraten von 50% und der Trend zu ergonomischen und offenen Büroraumstrukturen verlangen eher aufwendige und damit teure Konstruktionen, dabei widersprechen die real gemessenen Flächenzunahmen der letzten Dekade dem allseits geforderten Trend zum Lean Management. Diese sind erst in den letzten Jahren minimal rückläufig, soweit das zur Verfügung stehende Zahlenmaterial als solide und belastbar betrachtet werden kann.

Ausgangspunkt aller Überlegungen ist immer der Nachweis und die Dokumentation der vorhandenen Flächen nach den einschlägigen Vorschriften, in der Regel der DIN 277, eine lösbare, aber wohl nicht immer einfache Aufgabe, wie zum Beispiel die noch immer - auch in einschlägigen Publikationen - anzutreffende Verwendung des Begriffes der "Bruttogeschoßfläche" zeigt, der schon in der DIN 277 von 1987 durch die "Bruttogrundfläche" ersetzt wurde. Ähnliches steht vermutlich den Haupt- und Nebennutzflächen bevor, die in dem Begriff der "Nutzungsgruppe" aufgegangen sind.
Es ist immer wieder erstaunlich, wie wenig konkrete Kenntnisse über die realen Flächenverbräuche auch in großen Organisationen vorhanden sind. Die Ursprungs-Architektenpläne sind nie aktualisiert worden und stimmen - wenn überhaupt - nur noch in den Außenmaßen mit der Realität überein; verschiedene Abteilungen verfügen über unterschiedliche, die gleichen Gebäudekomplexe betreffende nicht konsistente Zeichnungsunterlagen. Wie auf der Grundlage solch' diffuser Unterlagen zum Beispiel eine Optimierung der Reinigungskosten gefahren werden kann, ist für den Außenstehenden nicht nachvollziehbar.

Sind die Flächen ermittelt, ist als nächstes zu prüfen, ob der Flächenverbrauch im Vergleich mit Firmen ähnlicher Branche, Struktur und Größe adäquat oder eventuell überdimensioniert ist. Wenn das - wie gerade bei ehemals unter staatlicher Obhut - stehenden Organisationen - der Fall ist, sollte man über geeignete Verfahren verfügen, um (ausgehend von der prognostizierten Anzahl der Arbeitsplätze und der Arbeitsplatztypen) den funktional notwendigen Flächenbedarf zu ermitteln. Dabei ist die Kenntnis der gesetzlichen Vorschriften und Normen über die einzuhaltenden Mindestmaße eine unabdingbare Voraussetzung.
Zu nennen wären hier in erster Linie die DIN 4543 "Büroarbeitsplätze", die Bildschirmarbeitsverordnung, die neue (und die alte) Arbeitsstättenverordnung mit den Arbeitsstättenrichtlinien sowie die Sicherheitsvorschriften der Berufsgenossenschaften, soweit sie die Büro- bzw. Bildschirmarbeitsplätze betreffen. Das ist einmal die ZH 1/535 "Sicherheitsregeln für Büroarbeitsplätze" und die ZH 1/618 "Sicherheitsregeln für Bildschirm-Arbeitsplätze im Büro". Handel es sich um öffentliche Bauvorhaben handelt, ist noch das Regelwerk der RBBau, der "Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes" zu beachten.
Gesetze, Verordnungen und genossenschaftliche Vorschriften sind im Internet frei zugänglich, die nationalen Normen werden in Deutschland exklusiv vom Beuth-Verlag in Berlin vertrieben. Die Richtlinien sind kostenpflichtig von den Verbänden zu erwerben.

Von besonderer Bedeutung für die Beurteilung der Flächenwirtschaftlichkeit bei bestehenden als auch bei der Neuplanung von Bürogebäuden ist neben der Gebäudetiefe das verwendete Achsmaß. Bürotrennwände können i.d.R. nur auf die Achse selbst oder auf ein Vielfaches derselben gesetzt werden. Passt das Achsmaß nicht auf das optimierte Standardbüro und werden dadurch auch nur 1 bis 2 m 2 pro Büro verschenkt, kommen hier schnell - über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes gerechnet - einige Hunderttausend € zusammen. Eine zu große Gebäudetiefe verstärkt diesen Effekt noch einmal. Eine detaillierte Erläuterung dieser Zusammenhänge und ihrer welchselseitigen Abhängigkeiten finden Sie in meiner Monographie Flächenbewirtschaftung in Verwaltungs- und Bürogebäuden.

Bei den im letzten Absatz angesprochenen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen müssen Fragen beantwortet werden, ob ein Gebäude - wie vorgefunden oder geplant - überhaupt ökonomisch betrieben werden kann oder ob es vielleicht günstiger ist, ein Gebäude gleicher oder angepasster funktionaler Größe anzumieten, wobei sich diese Betrachtung über einen hinreichend langen Zeitraum erstrecken sollte.

Zur Ermittlung der Größe der alternativ anzumietenden Fläche sollte man mit dem Begriff der Mietfläche, die in keiner gesetzlichen Vorschrift auftaucht, jedoch in der Immobilienwirtschaft allgemein angewendet wird, arbeiten können. Der Begriff der Mietfläche wurde von der gif, "Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung eV" in Wiesbaden - in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen - entwickelt. Die Berechnung der Wirtschaftlichkeit selbst geschieht mit einfachen - statischen - oder komplexen - dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung, wobei der Gesetzgeber für die Durchführung öffentlicher Bauvorhaben geeignete, verkürzte Verfahren zur Ermittlung beispielsweise der Kostenmiete zu Verfügung stellt.